Wissenschaftliche Bewertung gängiger Supplemente in der Sportmedizin
Einleitung
In der Sportwissenschaft und Sportmedizin gehören Beta-Alanin und Kreatin zu den am häufigsten untersuchten und genutzten Nahrungsergänzungsmitteln. Während Kreatin als bewährtes Mittel zur Steigerung der Muskelkraft gilt, wird Beta-Alanin vor allem für seine potenzielle Leistungssteigerung bei hochintensiven Belastungen untersucht. Doch was sagen aktuelle wissenschaftliche Studien zur Wirkung dieser Supplemente? In diesem Artikel werden die physiologischen Effekte, die Anwendung und die wissenschaftliche Evidenz hinter diesen beiden Substanzen betrachtet.
Beta-Alanin: Wirkung und wissenschaftliche Evidenz
1. Physiologische Funktion
Beta-Alanin ist eine nicht-essenzielle Aminosäure, die als Vorstufe für Carnosin dient – eine Verbindung, die in hohen Konzentrationen in den Muskelzellen vorkommt. Carnosin wirkt als Puffer gegen die Übersäuerung (Azidose) der Muskulatur während intensiver Belastung. Ein hoher Carnosinspiegel kann daher dazu beitragen, Ermüdung zu verzögern und die Leistungsfähigkeit zu steigern.
2. Wissenschaftliche Studien
Studien zeigen, dass die Supplementierung mit Beta-Alanin über einen Zeitraum von mindestens 4 Wochen zu einer signifikanten Erhöhung des Carnosinspiegels in der Muskulatur führt. Meta-Analysen haben ergeben, dass insbesondere hochintensive, anaerobe Belastungen wie Sprints oder Krafttraining von Beta-Alanin profitieren. Die erzielten Leistungssteigerungen liegen im Bereich von 2-3 %, was für leistungsorientierte Athleten durchaus relevant sein kann.
3. Anwendung und Dosierung
Eine übliche Dosierung liegt bei 4-6 g Beta-Alanin pro Tag, aufgeteilt in kleinere Dosen über den Tag verteilt, um das Kribbeln (Parästhesie) zu minimieren, das bei höheren Einzeldosen auftreten kann.
Kreatin: Wirkung und wissenschaftliche Evidenz
1. Physiologische Funktion
Kreatin ist eine stickstoffhaltige Verbindung, die in der Muskulatur als Kreatinphosphat gespeichert wird. Es spielt eine zentrale Rolle bei der schnellen Bereitstellung von Energie in Form von ATP (Adenosintriphosphat) und unterstützt somit kurzzeitige, hochintensive Belastungen wie Sprinten oder Krafttraining.
2. Wissenschaftliche Studien
Kreatin ist eines der am besten erforschten Supplemente im Sportbereich. Studien zeigen, dass eine Kreatin-Supplementierung die Maximalkraft, Schnellkraft und Muskelmasse erhöhen kann. Darüber hinaus gibt es Hinweise auf eine verbesserte Regeneration und eine potenziell neuroprotektive Wirkung. Eine systematische Übersichtsarbeit aus mehreren Studien zeigt, dass Kreatin-Supplementierung die Leistung in explosiven Sportarten um 5-15 % steigern kann.
3. Anwendung und Dosierung
Die klassische Methode zur Einnahme von Kreatin umfasst eine Ladephase von 20 g pro Tag (aufgeteilt auf vier Dosen) über 5-7 Tage, gefolgt von einer Erhaltungsdosis von 3-5 g pro Tag. Alternativ kann auch direkt mit der Erhaltungsdosis gestartet werden, was zu einem langsameren, aber dennoch effektiven Anstieg der Kreatinspeicher führt.
Beta-Alanin vs. Kreatin: Vergleich und Synergie
Während Beta-Alanin primär die muskuläre Pufferkapazität verbessert und Ermüdung verzögert, steigert Kreatin die ATP-Verfügbarkeit und verbessert Kraft sowie Schnellkraft. Interessanterweise gibt es Hinweise darauf, dass eine Kombination beider Supplemente synergistische Effekte haben kann, insbesondere für Athleten in Sportarten mit wiederholten, hochintensiven Belastungen wie Sprinten, Rudern oder Kraftsport.
Sowohl Beta-Alanin als auch Kreatin kommen natürlicherweise in tierischen Lebensmitteln vor, insbesondere in Fleisch und Fisch:
Beta-Alanin-reiche Lebensmittel
Beta-Alanin ist eine Vorstufe von Carnosin, das in hohen Mengen in tierischen Muskeln vorkommt. Gute Quellen sind:
- Geflügel (Huhn, Pute) – besonders in Brustfleisch
- Rindfleisch – hoher Carnosin- und Beta-Alanin-Gehalt
- Schweinefleisch
- Fisch (z. B. Lachs, Kabeljau)
Da Beta-Alanin in pflanzlichen Lebensmitteln kaum vorkommt, haben Vegetarier und Veganer oft niedrigere Carnosinspiegel in der Muskulatur.
Kreatin-reiche Lebensmittel
Kreatin wird direkt in den Muskeln gespeichert, weshalb es ebenfalls in tierischen Produkten reichlich enthalten ist:
- Rindfleisch (~4-5 g Kreatin pro kg)
- Schweinefleisch (~4-5 g Kreatin pro kg)
- Huhn & Geflügel (~3,5 g Kreatin pro kg)
- Fisch (Hering, Lachs, Thunfisch, Kabeljau) – Hering enthält besonders viel (~6-10 g Kreatin pro kg)
- Innereien (Leber, Herz, Niere)
Fazit
Sowohl Beta-Alanin als auch Kreatin sind wissenschaftlich gut untersuchte Supplemente mit nachgewiesenen positiven Effekten auf die sportliche Leistung. Während Kreatin vor allem Kraft und Schnellkraft steigert, verbessert Beta-Alanin die Pufferkapazität der Muskulatur und kann die Ermüdungsresistenz erhöhen. Wer eine gezielte Leistungssteigerung anstrebt, sollte eine individuelle Strategie in Erwägung ziehen oder beide Supplements kombinieren. Dennoch ist eine solide Basis durch Training und Ernährung unerlässlich – Supplemente sind keine Wundermittel, sondern gezielte Hilfsmittel im sportlichen Kontext.